Unser Kreativ-Labor bringt ausgewählte nationale und internationale Expert*innen des inklusiven Kultursektors mit Kulturschaffenden der Darstellenden Künste aus Deutschland zusammen.
Informationen /// Programm /// Referent*innen
INFORMATIONEN
Datum: Donnerstag, 25.09.2025, 15:00 Uhr bis Sonntag, 28.09.2025, 13:00 Uhr
Ort: Akademie der Kulturellen Bildung, 42857 Remscheid
Zielgruppe: Kunst- und Kulturschaffende, insbesondere Vermittler*innen aller Sparten, aus Häusern und der freien Szene
Anzahl Teilnehmende: max. 25 – 30 TN
REFERENT*INNEN:
- Prof Dr. Nanna Lüth (sie/ihr), Kunstpädagogik/Kunstvermittlung
- Stopgap Dance Company / Lily Norton (they/them), Content and Access Artist, und Hannah Sampson (sie/they), Senior Dance Artist
- Natalie Dedreux (sie/ihr), Aktivistin und Autorin & Anne Leichtfuß (sie/ihr), Dolmetscherin und Übersetzerin für Leichte Sprache
INKLUSIVE KUNSTVERMITTLUNG: KREATIV.PARTIZIPATIV.VIELSTIMMIG.
In diesem Kreativ-Labor stellen wir die Verhältnisse auf den Kopf: Was, wenn Partizipation und Kunstvermittlung von Beginn an Teil künstlerischer Prozesse wären?
Mit Prof. Dr. Nanna Lüth (D), der international gefeierten inklusiven Tanzkompanie Stopgap Dance Company (UK), und mit Natalie Dedreux (D), Aktivistin und Autorin, gemeinsam mit Anne Leichtfuß (D), Übersetzerin und Dolmetscherin für Leichte Sprache, öffnet sich ein Raum für neue Perspektiven: In interaktiven Workshops mit Praxisbeispielen aus Tanz, Theater und Museum erlebt ihr, wie inklusive Kunstvermittlung und Partizipation von Anfang an zentraler Bestandteil der künstlerischen Gesamtkonzeption sein können. Gemeinsam reflektieren wir Machtverhältnisse, erkunden kreative Formen von Teilhabe und entwickeln konkrete Ideen für die eigene Praxis. Für alle, die Kunstvermittlung neu denken – offen, zugänglich und im Dialog.
Die Akademie der Kulturellen Bildung in Remscheid, mitten in der Natur gelegen, verfügt über sehr schöne, großzügige, barrierefreie Veranstaltungsräume, in denen sich im Austausch mit nationalen und internationalen Referent*innen und Kolleg*innen eure kollektive Kreativität aus verschiedensten Perspektiven voll entfalten kann.
SPRACHE:
Das Kreativ-Labor findet in gut verständlicher Deutscher und Englischer Lautsprache statt.
Durchgehend Simultanverdolmetschung des gesamten Kreativ-Labors bei Bedarf möglich, siehe „Barrierefreiheit“.
UNTERKUNFT:
Einzelzimmer oder Doppelzimmer mit Dusche
Vollverpflegung
BARRIEREFREIHEIT:
Alle Veranstaltungsräume sind barrierefrei. Assistenzhunde sind willkommen.
Die Akademie verfügt über eine begrenzte Anzahl an Einzel- und Doppelzimmern in unterschiedlichen Graden an Barrierefreiheit – bitte unbedingt bei Anmeldung den genauen Bedarf angeben.
Bei Bedarf stellen wir folgende Assistenzen zur Verfügung, bitte unbedingt bei der Anmeldung den Bedarf angeben:
- Professionelle Simultanverdolmetschung Englische Lautsprache – Deutsche Lautsprache
- Professionelle Simultanverdolmetschung Deutsche Lautsprache – Deutsche Gebärdensprache (DGS)
- Professionelle Simultanverdolmetschung Deutsche komplexe Lautsprache – Deutsche Leichte Lautsprache
- Peer to Peer Audiodeskription
- Arbeitsassistenz bzw. Mobilitätsassistenz vor Ort
UNKOSTENBEITRAG nach Selbsteinschätzung
Kategorie 1: 210 € + VVK (z.B. Studierende, freiberufliche Künstler*innen)
Kategorie 2: 250 € + VVK (z.B. Mitarbeitende freier Ensembles)
Kategorie 3: 290 € +VVK (z.B. Angestellte großer Kulturinstitutionen)
Bei Teilnahme mit eigener Assistenz ist deren Teilnahme kostenfrei.
Für FRAGEN und weitere Informationen:
Charlott Dahmen (sie/ihr)
E-Mail: beratung@un-label.eu, Telefonisch: +49 (221) 5501544
PROGRAMM
DONNERSTAG
Seminarzeit: 15:00 – 18:30 Uhr
Keynote: Prof. Dr. Nanna Lüth
GERADE JETZT!
Zufall und Unvollständigkeit als Chancen einer Ästhetik des Zugangs
Wie zugänglich ist Kunst? Welche Rolle spielen Konventionen, Aufmerksamkeit und Ausschlüsse in musealen und performativen Räumen? Prof. Dr. Nanna Lüth hinterfragt in ihrer Keynote etablierte Regeln kultureller Teilhabe – und zeigt alternative ästhetische Zugänge auf, die Diversität, Zufall und Unvollständigkeit bewusst zulassen.
Seit dem 19. Jahrhundert gilt Stille und Konzentration beim Besuch von Museen und Theatern als Zeichen von Respekt. Doch verstärkt stellt das Publikum diese Konvention in Frage und will oder kann diesen Erwartungen nicht entsprechen. Darüber hinaus gerät in Zeiten digitaler Kommunikation die Idee ungeteilter Aufmerksamkeit zunehmend ins Wanken.
Aus ihrer Forschung zu dekonstruktiver und diskriminierungskritischer Bildungsarbeit heraus verbindet Nanna Lüth diese Fragen mit Perspektiven der Kunstwissenschaftlerin Claire Bishop, die in zeitgenössischen Performances eine Ästhetik des Zufalls und der Unvollständigkeit erkennt – und damit auch eine neue Idee für eine zugängliche Ästhetik.
Im Anschluss: Einladung zur Sammlung utopischer Ideen – für eine zugänglichere und inklusivere Kunstvermittlung.
Input: Einführung von Lily Norton in die Arbeit von Stopgap Dance Company und their Arbeit als „Access Artist“
Lilys Input startet mit einer Reflexion über die Arbeit als Access Artist. Was ist ein Access Artist? Ist es ein anerkannter Beruf? Wie hat sich diese Rolle entwickelt und warum wird sie in den Darstellenden Künsten immer wichtiger?
Lily teilt mit uns their einzigartige Position bei Stopgap, in der they Barrierefreiheit und Kunst miteinander verbindet. Was bedeutet es zum Beispiel, Audiodeskription nicht nur als Barrierefreiheitsmittel, sondern als eine bereichernde, künstlerische Form zu begreifen? Erlebt Lilys Arbeit beispielhaft in einer Live-Lesung oder einer Tonaufnahme, die einen Eindruck davon vermittelt, wie Barrierefreiheit Tanz anders erleben lassen kann.
Im zweiten Teil des Inputs steht die Diversität des Stopgap Dance Ensembles im Fokus, in dem Taube, behinderte, neurodiverse und nicht-behinderte Künstler*innen zusammenarbeiten. Wie prägt die Diversität des Ensembles die künstlerischen Prozesse? Wer ist das Publikum von Stopgap? Wer fühlt sich angesprochen und auf welche Weise? Dabei stellt Lily auch Stopgaps Konzept vor, nicht nur durch inklusive Produktionen, sondern auch durch inklusive Angebote wie Trainings, Workshops und Online-Inhalte eine große Community zu erreichen – weit über die Bühne hinaus.
FREITAG und SAMSTAG
Seminarzeiten: 9:30 – 12:45 Uhr / 15:00 – 18:15 Uhr
Um eine intensive Arbeit in kleinen Gruppen zu gewährleisten, werden die Workshops von Stopgap Dance und Natalie Dedreux/Anne Leichtfuß parallel angeboten – mit Wechsel, so dass die Teilnehmenden beide Workshops besuchen können.
Tanz beschreiben: Wo Barrierefreiheit Kunst trifft / Stopgap Dance Company
Geleitet von Access Artist und Audiodeskriptor*in Lily Norton und unterstützt von Senior Dance Artist Hannah Sampson, erforscht dieser Workshop, wie kulturelle Vermittlung, Barrierefreiheit und künstlerische Praxis auf wirkungsvolle Weise miteinander zusammenkommen können.
Am Beispiel der Stopgap-Produktionen „Dance Tapes“ und „Lived Fiction“ steigen die Teilnehmenden in inklusive Vermittlungsstrategien ein, wie kreative Übertitelung, Kunstprojektionen und barrierefreie Formate wie Audio-Flyer, Tastführungen, visuelle und akustische Erzählungen sowie entspannte Aufführungs-Settings. Diese Ansätze fördern die Einbeziehung des Publikums und machen Tanz für ein breiteres und diverseres Publikum zugänglich.
Im praxisorientierten Teil des Workshops beschäftigen sich die Teilnehmenden mit Klang und Audiodeskription als wirkungsvolle Einstiegsmöglichkeiten in Tanz. Durch angeleitetes Experimentieren mit Stimme, Narration und Klang wird jede*r Teilnehmer*in eine eigene „Audiosignatur“ kreieren – einen persönlichen, auditiven Ausdruck von Bewegung. Audiodeskription wird nicht nur als Barrierefreiheitsmittel vorgestellt, sondern auch als eigenständige kreative Praxis, die übertragbare Potenziale für inklusive Kunstvermittlung bietet. Der Workshop schließt mit einem gemeinsamen Austausch über übertragbare Ideen, praktische Ansätze und kreative Strategien für inklusive Kunstvermittlung und Publikumsbeteiligung in unterschiedlichen Kontexten.
Partizipativ und verständlich – von der Idee zur Ausstellung in Leichter Sprache / Natalie Dedreux & Anne Leichtfuß
Wie plant man partizipativ eine Ausstellung? Wie können Menschen mit und ohne Down-Syndrom über Themenauswahl, Exponate, Präsentation und Gestaltung entscheiden? Wie sollte die Sprache in einer solchen Ausstellung sein, sodass sie für verschiedene Personengruppen verständlich ist? Darüber berichten Natalie Dedreux und Anne Leichtfuß, die 2016 bis 2018 Teil des Teams der TOUCHDOWN-Ausstellung waren. Sie wurde an 5 verschiedenen Orten gezeigt, begleitet von Tandem-Führungen bestehend aus Personen mit und ohne Down-Syndrom und einem Schulungskonzept für die jeweiligen Häuser. An allen Orten haben Menschen mit Down-Syndrom eigene Inhalte in die Ausstellung mit eingebracht, sodass das Konzept bis heute weiterwächst und sich verändert.
Im nächsten Schritt wird die partizipative Arbeitsweise übertragen vom Medium Ausstellung auf den Bereich Theater. Wie ist das Stück Anti·gone in Leichter Sprache an den Münchner Kammerspielen entstanden?
Bitte bringt fürs gemeinsame Arbeiten im Workshop einen eigenen Gegenstand mit. Dieser Gegenstand wird Teil einer kleinen Ausstellung, die im Workshop entstehen wird.
SONNTAG
Seminarzeit: 9:30 – 13:00 Uhr
Start in den Tag mit Hannah
Physisches Intro mit Hannah Sampson, Stopgap Dance
Präsentation der Ergebnisse aus den Workshops
Gemeinsam mit den Referent*innen präsentieren Teilnehmende der Workshops im Plenum ihre jeweiligen Arbeitsergebnisse und Haupterkenntnisse.
Question & Answers
Der abschließende Teil des Kreativ-Labors bietet viel Raum für Fragen der Teilnehmenden an die Referent*innen sowie weiteren gemeinsamen Transfer der Erkenntnisse auf die eigene Arbeit.
REFERENT*INNEN
Nanna Lüth, Dr. phil., arbeitet und forscht in den Bereichen Kunst, Kunstpädagogik und Medienbildung. Sie engagiert sich für eine zeitgemäße künstlerische Praxis und für dekonstruktive, inklusive Bildungsarbeit. Nach vielfältigen Berufserfahrungen in der Kunstvermittlung und Forschung war sie 2013–21 Juniorprofessorin für Kunstdidaktik/Gender Studies an der Universität der Künste (UdK) Berlin. 2018–20 vertrat sie die Professur für Kunstpädagogik der Universität Duisburg-Essen. Seit 2021 ist sie Vorsitzende des Berliner BDK – Fachverband für Kunstpädagogik. Im WiSe 24/25 vertrat sie die W3-Professur für Kunstdidaktik an der UdK Berlin. Zuvor hatte sie hier die Gastprofessur für Diskriminierungskritische Didaktik im Feld der Künste inne. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind: Kooperative und interdisziplinäre Pädagogik; Entwicklung zeitgemäßer didaktischer Zugänge zur Kunst; Differenzreflexivität und Humor in der künstlerischen Bildung.
Stopgap Dance Company– Lily Norton und Hannah Sampson
Die Stopgap Dance Company wird von einem diversen, kreativen Team geleitet, das Tanz als Bewegung für Wandel nutzt. Ihre Mission ist es, eine inklusive Welt zu schaffen, in der Vielfalt nicht nur akzeptiert, sondern aktiv gefördert wird. Eine Welt, in der niemand aufgrund von Vorurteilen gegenüber Tauben, behinderten oder neurodiversen Menschen benachteiligt wird.
Stopgaps Aktivitäten:
- Tourneen von Tanzproduktionen durch das Vereinigte Königreich und international. Die aktuelle Tourneeproduktion Lived Fiction wurde mit dem One Dance UK Award für künstlerische Innovation 2024 ausgezeichnet.
- Wandel im Tanzsektor vorantreiben für Künstler*innen mit Behinderung durch Schulungen, Lobbyarbeit, Zusammenarbeit und Partnerschaften.
- Community schaffen durch Ensembles für Jugendliche und Outreach.
Lily Norton (they/them) Access Artist
Lily ist ein*e autistische*r Tänzer*in und bildende*r Künstler*in. They spielt eine Schlüsselrolle in der Online-Kommunikation von Stopgap und stellt die Barrierefreiheit in künstlerischen, pädagogischen und Online-Projekten sicher. They ist interessiert an der Entwicklung kreativer Methoden von Barrierefreiheit in Tanz und Choreografie.
Lily ist Live-Audiodeskriptor*in, Access Artist und Co-Autor*in der jüngsten Inszenierung von Stopgap, Lived Fiction.
Hannah Sampson (sie/they) Senior Dance Artist
Hannah ist seit 2016 Tänzerin im Ensemble von Stopgap. Davor war sie langjähriges Mitglied der Jugendkompanie, später Praktikantin und Auszubildende. Sie war in zahlreichen Produktionen auf nationaler und internationaler Tournee; zuletzt wirkte sie in Stopgaps jüngster preisgekrönter Indoor-Produktion Lived Fiction mit. Hannah ist eine Person mit Down-Syndrom und hat eine Leidenschaft für Tanz. Sie setzt sich für Gleichberechtigung in der Kunst ein und hofft, eine Vorreiterin und ein Vorbild für andere behinderte Künstler*innen zu sein.
Natalie Dedreux (sie/ihr)
Natalie Dedreux ist Aktivistin und Autorin des Magazins Ohrenkuss. Am liebsten schreibt sie Texte über Musik und Reisen. Sie ist Aktivistin und setzt sich für die Rechte von Menschen mit Down-Syndrom ein. Außerdem ist sie Prüferin für Leichte Sprache. 2022 wurde ihr erstes Buch veröffentlicht: Mein Leben ist doch cool!: Unsere Welt und was ich dazu zu sagen habe. Natalie Dedreux geht gerne auf Konzerte und liebt Bollywood-Filme.
Anne Leichtfuß (sie/ihr)
Anne Leichtfuß ist Übersetzerin und Dolmetscherin für Leichte Sprache. Seit mehr als 10 Jahren arbeitet sie vor allem an der Schnittstelle Leichte Sprache und Kunst und Kultur. Gemeinsam mit Kolleg*innen hat sie das partizipative Forschungsinstitut TOUCHDOWN 21 gegründet. 2023 hat sie für die Münchner Kammerspiele Anti·gone in Leichte Sprache übersetzt, das erste Stück, das komplett in Leichter Sprache inszeniert wurde. Sie spielt Ukulele und sammelt Brillen.
Die Referent*innen von links nach rechts: Prof.Dr. Nanna Lüth, Lily Norton (Foto: Chris Parkes), Hannah Sampson (Foto: Chris Parkes), Natalie Dedreux (Foto: Britt Schilling), Anne Leichtfuß (Foto: Britt Schilling)
Titelmotiv: © Lived Fiction von Stopgap Dance Company (Foto: Chris Parkes)
Das Fort- und Weiterbildungsprogramm wird ermöglicht durch das Projekt Access Maker – Innovationshub